Freihandelsabkommen: Diskussion um Qualitätsstandards

Das Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen den USA und Europa sorgt zur Zeit für viel neuen Gesprächsstoff rund um das Thema Lebensmittelsicherheit. Dabei besonders kritisiert werden die sogenannten „Chlorhühnchen“ aus den USA. Verbraucher- und Umweltschützer sehen dabei eine drohende Gefahr für die EU-Verbraucherstandards und pochen bei der EU-Kommision auf deren verbindliche Einhaltung - ohne viel Resonanz.

Freihandelsabkommen: Diskussion um Qualitätsstandards

Die derzeitige Verhandlungen zu einem bevorstehenden Freihandelsabkommen zur Schaffung eines transatlantischen Marktes werden zunehmend kritisiert. Sinkende Zölle werden zwar befürwortet, doch verschiedene Schutzorganisationen bangen auch um Lockerungen der Lebensmittelstandards und damit um die Erlaubnis von risikoreichen Lebensmittelimporten. Genmanipuliertes Obst und Gemüse, hormonpräpariertes Fleisch und Hühner, die einer Chlorbehandlung unterzogen wurden, sind dabei nur ein paar Beispiele für Lebensmittel mit unklarem Risikofaktor.

Die Genforschung und Manipulation hat zwar im Nutzpflanzenbereich in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte und Resultate erziehen können, dennoch steckt sie in den Kinderschuhen. Mögliche Spätfolgen von behandeltem Material können noch nicht genau abgeschätzt und erforscht werden. Sie benötigen weiterer Langzeitforschung, bevor eine unbedenkliche Eingliederung am Markt akzeptabel ist. Ebenso unerforscht sind die Auswirkungen der aus den USA stammenden „Chlor-Hühnchen“. USA-Amerikaner scheinen keinerlei Bedenken dagegen zu hegen, dass ihre Hühner vor dem Verkauf mit einer speziellen Lösung sterilisiert werden. Auf dem deutschen Markt sieht dies jedoch anders aus, wie die Proteste der Umwelt- und Verbraucherschützer zeigen. Die Mischung aus Natriumchlorit, Chlordioxid und anderen Substanzen könnte sich für den Verbraucher als schädlich herausstellen und ist hierzulande derzeit noch verboten. Dies könnte sich mit dem Freihandelsabkommen jedoch bald ändern.

Eine erste Entwarnung hierzu gab jedoch das Bundesinstitut für Risikobewertung, kurz BfR. Forschungen haben dort ergeben, dass keinerlei Gefahr von mit Chlor behandeltem Hühnerfleisch ausgehe. Der Trend der Forscher geht sogar zu einer Befürwortung der Chlormethode. Studien haben klar belegen können, dass sie auf behandeltem Fleisch deutlich weniger Keime befinden, auf unbehandeltem. Die Legalisierung dieser Methode am EU-Markt wäre somit nicht nur unbedenklich, sondern sogar wünschenswert. Man müsse alles unternehmen, um gesundheitliche Risiken zu minimieren und in diesem Sinne offen für neue Wege sein. Allein das Verlassen auf die hohen Hygienestandards könne nicht alles sein. Eine eingehende Prüfung neuer Verfahren zur Risikominimierung bei der in den letzten Jahren stark ansteigenden Keimbelastung auf Geflügelfleisch können nur von Vorteil sein.

Risikofreie Methoden gesucht

Die Suche nach neuen Verfahren stellt sich jedoch als langwieriger Prozess dar. Vielversprechende Ideen müssen zunächst genau getestet und eine umfangreiche Risikoanalyse erhoben werden. Diese beinhaltet die Bereiche Risikobewertung, Risikomanagement und Risikokommunikation. Anhand der Risikobewertung lässt sich frühzeitig ermitteln, wie gesundheitsschädlich sich ein neues Verfahren auf den Verbraucher und die Umwelt auswirken kann. Soll bedeuten, es werden alle Gefahren, deren Ursachen und Ausmaße, sowie ihre Eintrittswahrscheinlichkeit geklärt. Ebenso schaut man nach möglichen Maßnahmen, die die Risiken eindämmen bzw. mindern können.

Bei der Erhebung und Auswertung der Daten müssen stets bestimmte Verordnungen und Normen, die im Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzt zu finden sind, eingehalten werden. Daher empfiehlt es sich zur Unterstützung eine Risikoanalyse Software, für die Lebensmittelindustrie zu benutzen, um keine wichtigen Aspekte zu vergessen oder ungewollt gegen bestehende Vorschriften zu verstoßen. Sie leitet einen zielgerichtet durch die Stadien der Risikobewertung. So können gefundene Ursachen zunächst in die Kategorien „chemisch“, „biologisch“ oder „physikalisch“ eingegliedert werden. Auch eine Unterscheidung in den Einbringungsort bzw. die entsprechende Zeitspanne sind möglich. Zur anschließenden Charakterisierung nach quantitativen und qualitativen Faktoren werden anerkannte Forschungsberichte verwendet. Auch toxikologische Gutachten und Kennzahlen, die bestimmen wie viel einer bestimmten Substanz ein einzelner Mensch auf Lebenszeit unbedenklich aufnehmen darf, können Aufschluss über das Risikopotenzial geben. Mit Hilfe der Software lassen sich nun im nächsten Schritt alle Daten zur Expositionsabschätzung zusammenfügen. Es wird kalkuliert, wie viel eines Stoffes ein Mensch tatsächlich aufnimmt - nicht nur aus der Nahrung, sondern auch aus der Umwelt. Anschließend können alle gesammelten Daten mittels der Software zusammengetragen und das gesundheitliche Risiko ermittelt werden. Des Weiteren werden Äußerungen zu Häufigkeiten, Wahrscheinlichkeiten und der Schwere der Folgen abgegeben.

Das so festgestellte Risiko kann man nun als Basis des Risikomanagement zugrunde legen. Darauf aufbauend sind Vorschläge zu steuernden Maßnahmen und eventuellen Empfehlungen und dergleichen anzusiedeln. So zum Beispiel, dass man ein bestimmtes Produkt nicht über 8°C lagern, nicht öfter als einmal am Tag oder nicht während der Schwangerschaft zu sich nehmen sollte. Während diesen ganzen Prozesses ist eine transparente Risikokommunikation essenziell, ebenso eine einheitliche Konsistent - wie bereits bei den zuvor erhobenen und aufgearbeiteten Daten geschehen.

Und genau diese transparente Kommunikation wünschen sich die Umwelt- und Verbraucherschützer bei den derzeitigen Verhandlungen zwischen der EU und den USA. Sie wollen über alle möglichen Risiken aufgeklärt und in den Entscheidungsprozess miteinbezogen werden. Denn es geht dabei nicht nur um eine Öffnung des Marktes, sondern auch um das Wohle der Gemeinschaft, das Wohle der Umwelt. Wie die Verhandlungen um das Freihandelsabkommen ausgehen werden, scheint noch nicht ganz gegeben, sicher ist nur, dass es Grund zur Beunruhigung gibt. Ebenso, dass frühzeitig alle Risiken genau geklärt werden müssen, bevor man sich guten Gewissens darauf einlassen sollte.